Samstag, 18. August 2012

sıcak, çok sıcak

"Okay, guys! Everyone forward! Vorwärts! Faster, faster!"

Ich tauche meinen Paddel ins Wasser und spüre, wie meine Muskeln protestieren, als ich ihn nach hinten ziehe, um das Boot voranzubringen. Ich habe mich auf das Rafting gefreut, sehr sogar, aber ich habe irgendwie nicht bedacht, wie anstrengend es sein würde. Meine acht Begleiter wirken genauso konzentriert wie ich (und mindestens genauso lächerlich in diesen riesigen Schwimmwesten und den unförmigen Helmen, aber manchmal geht Sicherheit eben einfach vor), während wir versuchen, ein wenig Geschwindigkeit aufzunehmen - denn wir steuern wieder auf eine der Stellen zu, die das Rafting so erlebenswert machen, eine dieser Stellen, an der die Strömung mit einem Mal ihre Gleichmäßigkeit verliert und unberechenbar zu werden scheint. Ein paar von uns schreien, als wir die Stelle erreichen und das Boot einen abenteuerlichen Schlenker macht. Wasser spritzt und duscht uns alle, und wir halten uns an den Riemen am Rand des Bootes fest, um nicht hinausgeschleudert zu werden. Nicht, dass das vorher nicht schon passiert wäre - unser Guide selbst ist nicht ganz unschuldig, wenn es darum geht, uns ein Bad in dem 11°C kalten Wasser nehmen zu lassen - aber man weiß nie, wie tief das Wasser ist und ob man sich nicht doch verletzen könnte, wenn man ungünstig hineinfällt. 
Als wir die turbulente Phase überwunden haben und wieder auf ruhigeren Gewässern dahintreiben, sagt unser Guide, dessen Name ich schon zwei Sekunden, nachdem er ihn genannt hatte, vergessen habe: "Okay. Yesterday everyone fell off the boat at this point, and two people were under the boat for one minute." Die Worte sind von seinem Akzent geprägt, jedoch gut verständlich. Er grinst in die Runde, offensichtlich auf Reaktionen wartend. "When we had been a little bit faster..." Er verstummt, dann stellt er fest: "But there are only girls on this boat." Nun, acht Mädchen und Markus, aber das wird gekonnt verschwiegen. 
Schweigen fällt für einige Sekunden über das Boot, während wir auf dem Fluss dahintreiben. Die Luft hat auch hier nichts von ihrer Hitze eingebüßt, aber das kalte Wasser ist für mich eine willkommene Abwechslung zum warmen Wasser des Mittelmeers. Wir gleiten an unberührter türkischer Landschaft vorbei, an Felsen, Bäumen, Ziegen. (Letztere sehe ich nur als dunkle Flecken, weil ich meine Brille nicht aufhabe, sodass ich erst die anderen fragen muss, was genau sie dort betrachten. Irgendwie peinlich.)

Ein leichter Wind kommt auf und erfrischt die stehende Luft ein bisschen. Der Guide, ein junger Türke Mitte 20, der der Kondition seines Körpers zufolge viel Zeit mit Rudern verbringt, reibt sich die hinter mir die Arme. "Oh, cold." Ich blinzele ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Ich kann ihn nicht vollkommen erkennen, weil ich meine Brille lieber mit meinen anderen Sachen im Bus gelassen habe. Empfindet er diese leichte Brise wirklich als kalt?
"I think it's hot. Sıcak."
Er schaut mich verdattert an. "Sıcak? Şimdi?" Heiß? Jetzt?
Ich zucke mit den Schultern. "Evet." Ja. 
"Well then, okay..." Und noch ehe ich darauf reagieren kann, hat er mich an den Schultern ergriffen und versucht, mich in Wasser zu schmeißen. Ich höre mich nur rufen: "Hayır, soğuk! Çok soğuk!" - nein, kalt. Sehr kalt. War ja aber auch blöd, so etwas zu sagen, wenn ich seine Tendenz dazu, Menschen baden zu schicken, kenne. Ich habe mich jedoch mit dem Fuß unter einem der Sitze verhakt, um nicht sofort von Bord zu gehen, wenn eine kleine Welle kommt, und das rettet mich jetzt: nach einigen Sekunden des Versuchens gibt er auf und schmeißt stattdessen Martina ins Wasser, während Nabila, Lena, Markus und Lisa (ich erwarte Anerkennung dafür, dass ich inzwischen die Namen beherrsche!) schon längst von selbst schwimmen gegangen sind. Siegreich verzichte ich dieses Mal darauf, ins Wasser zu gehen, ich werde ja noch genug Gelegenheit dazu haben auf dieser insgesamt vierzehn Kilometer langen Reise den Fluss hinab. 
Es gibt echtes, reines Quellwasser zu trinken, leidenschaftliche Wasserschlachten mit den anderen Kursteilnehmern auf den anderen Booten, bei denen der gute, alte Yusuf, einer der Lehrer, der mich immer an einen lieben Opi erinnert, der ärgste Feind und mutigste Kämpfer ist, und viele Witze und Scherze, die zwischen meinen Teamkollegen und dem Guide hin- und hergeschossen werden. 
Anschließend wird es eine Busfahrt zurück nach Antalya geben und eine Shoppingtour mit Kas, einer ziemlich witzigen Engländerin, die unbedingt einen Rucksack braucht. Und anschließend, abends um hab zwölf, ein "Werwolf"-Spiel mit den Anderen in der Nähe des Mittelmeers. Und dann wird auch der erlebnisreiche Freitag nachts um halb drei wieder beendet sein. Aber es gibt definitiv schlimmere Arten, ihn zu verbringen. 



 





 






1 Kommentar:

  1. Schön das es dir gefällt.

    Ich habe dir einen Award geschenkt. Freu dich- LOS!

    http://creativ-honeybadger.blogspot.de/2012/08/liebster-blog.html

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