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Das
Plätschern des Springbrunnens ist eine stetige, gleichmäßige Untermalung
sämtlicher anderer Geräusche. Nicht, dass es ansonsten sonderlich viele
Geräusche gäbe – es ist ziemlich still in diesem Teegarten, diesem Ort des
Rückzugs. Ich lasse meinen Blick über die vielen Sitzbänke schweifen, die
gepflegten Beete, die riesigen Pinienbäume. Hin und wieder kommt ein leichter
Windzug um die Ecke, der die warme Luft ein bisschen abkühlt. Hinter der
Felsformation, in die der Springbrunnen eingebaut ist, befindet sich ein
Aussichtspunkt, von dem aus man ganz Antalya überblicken kann. Bei dem immer
klaren Himmel ist der Anblick einfach atemberaubend, wir befinden uns weit über
und ein kleines Stück außerhalb der Stadt. Dieser Ort ist abgelegen, ruhig,
friedvoll und, was am besten ist – frei von jeglichen Touristen.
„Claudia“,
sagt Ümit mit seiner typischen türkischen Intonation und reißt mich so aus
meinen Gedanken, „Claudia Schiffer.“
Ich
lache unbeholfen, weil ich nicht weiß, wie ich darauf reagieren soll. Es ist ja
schön, dass er das Model kennt und mit Deutschland und meinem Namen assoziiert,
aber was genau hat das mit mir zu tun? Also schlürfe ich meinen türkischen Tee – Çay – und sage einfach gar nichts.
Das Gespräch wechselt gemeinsam mit meiner Zimmergenossin und ständigen
Begleiterin Annika zwischen verschiedenen Themen hin und her, wir reden über
Politik und den Ausflug am Samstag, über diesen Ort, über türkische und
deutsche Kultur, über die türkische Sprache. Letzteres ist überhaupt erst der
Grund, warum ich hier bin. Denn Ümit ist nicht irgendeiner der vielen Türken,
die ich in den letzten anderthalb Tagen kennen gelernt habe. Er ist mein
Lehrer.
Und
für jeden Deutschen, der sich darüber wundert, dass ich mit Annika und meinem Türkischlehrer
am zweiten Tag nach dem Unterricht bis vor die Grenzen der Stadt gefahren bin,
um mit den beiden traditionellen türkischen Tee zu trinken: ich bin mindestens
genauso erstaunt. Eigentlich wollte ich nämlich nur eine Kopie eines Formulars,
das ich ausfüllen muss, um meine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Dafür
mussten Annika und ich mit in Ümits (dass die Lehrer und/oder Dozenten beim Vornamen
genannt werden, ist in der Türkei soweit ich weiß üblich) Büro kommen, wo wir
den Regeln des Smalltalks gerecht wurden und ein bisschen mit ihm plauderten –
und mit einem Mal lud er uns auf eine Tasse türkischen Tee ein. Dass aus einer
Tasse schlussendlich zwei wurden und da noch eine Shisha und ein mehrstündiges
Gespräch über die verschiedensten Themen
hinzukommen, ist eine andere Geschichte. Wir willigten ein, beide ein wenig überrumpelt
und misstrauisch, aber da wir zu zweit waren, nicht wirklich ängstlich. Und
hier sitze ich nun unter dem Sonnenschirm und nehme ein paar Züge der Shisha, genieße
die Ruhe und fühle mich wohl.
Ümit
zeigt uns grammatische Details, die wir in der heutigen Sitzung noch nicht
hatten. Er erklärt uns, wie man gewisse Formen anwendet und übt immer wieder die
Verlaufsform des Verbs, die wir heute gelernt haben. Es macht Spaß.
Also,
wie ist mein Fazit nach den ersten zwei Tagen Türkischkurs?
Anstrengend,
fällt mir zuerst ein.
Lehrreich,
füge ich mental sogleich hinzu.
Die
Lehrer wechseln jeden Tag, um gegenseitig ihre Schwächen auszubügeln, und Ümit
ist so etwas wie der „big boss“, der (Mit-)Organisator des EILC-Sprachkurses und
der Lehrer, der zwischen allen Klassen hin und her springt. Die ersten sieben
Stunden, zumindest schätze ich es so lang ein, waren angefüllt von Übungen, in
denen wir uns einander vorzustellen lernten und die ersten tiefsinnigen
Konversationen führen durften.
Schema
F:
„Hallo.“
„Hallo.“
„Wie
heißt du?“
„Ich
heiße Claudia. Und wie heißt du?“
„Ich
heiße (xyz).“
„Schön,
dich kennen zu lernen.“
„Danke
sehr, mir geht es gut. Und wie geht es dir?“
„Danke
sehr, mir geht es auch gut.“
„Woher
kommst du?“
„Aus
(xyz). Und woher kommst du?“
…Ich
denke, ihr versteht, was ich meine.
Die
anderen Türkischlerner kommen aus ganz Europa, allerdings ist Deutschland mit
Abstand am Stärksten vertreten, ein gefühltes Drittel der Teilnehmer kommt aus
meinem Heimatland. Außerdem gibt es Briten, Polen, Österreicher, Italiener,
Rumäninnen, Spanier, ... Der Haufen ist wirklich gut durchgemischt, wenn man
mal von der Überbevölkerung durch Bratwurstesser absieht.
Die
Organisation an der türkischen Uni ist allerdings ein bisschen unausgereift, um
nett zu sein. Es gibt einen Stundenplan, aber niemand hält sich daran. Es gibt
einen Zeitpunkt für Treffen, aber im Grunde kann man da gern zehn Minuten
hinzurechnen. Es gibt die Aussage des einen Organisators – und dann kommt ein
anderer daher und wirft alles über den Haufen.
Aber
all dies sind keine Dinge, die mich dazu bringen könnten, mich unwohl zu
fühlen. Die Menschen sind nett, das Essen lecker, das Wetter wundervoll und das
Land schön. Und die Sprache sowieso. Gestern Nachmittag habe ich das erste Mal
im Mittelmeer gebadet. Lektion des Tages: Mund zu, im Mittelmeer ist das Wasser
salzig. Aber das ist eine andere Geschichte.
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